Museum Folkwang, Essen

Modes: Frau mit Sonnenschirm vor Hutladen

August Macke

1914
60,5 x 50,5 cm
Öl auf Leinwand
Erworben 1920 für das Kunstmuseum Essen, seit 1922 Museum Folkwang, beschlagnahmt 1937, wiedererworben 1953 mit Mitteln der Stadt Essen

Wie August Mackes Schaufensterauslage lassen sich die Kunstwerke des Museum Folkwang dank der transparenten Museumsarchitektur von der Straße aus betrachten. Expressionismus war bereits früh ein Sammlungsschwerpunkt des Museums. Sammlungsgründer Karl Ernst Osthaus förderte auch den Austausch mit französischen Künstlern, wie Robert Delaunay, dessen Fensterbildern Macke Anregungen für seine Bildsprache verdankt, und interessierte sich für die Warenwelt und Konsumkultur, wie sie in dieser städtischen Szene präsentiert werden. Auch die weitere Geschichte der Sammlung lässt sich an dem Bild ablesen: Erworben 1920 für das Kunstmuseum Essen wurde es 1937 in der nationalsozialistischen Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt und 1953 wiedererworben.

Museum Folkwang, Essen

White Painting

Sam Francis

1952
101,5 × 78,5 cm
Öl auf Leinwand
Erworben 1970 mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und des Folkwang-Museumsvereins

Dynamische Pinselführung, expressive Farbigkeit und experimenteller Umgang mit Farbe charakterisieren Emil Schumachers Bildsprache. Pinatubo wurde nach dem gleichnamigen Vulkan auf den Philippinen benannt, der 1991 ausbrach. Das Werk referiert auf dieses Ereignis in kräftigen Rot- und Schwarztönen mit weißen Akzentuierungen. Sam Francis‘ White Painting von 1952 wirkt im Kontrast fast farblos. Francis reduzierte in seinen weißen Bildern zu Beginn der 1950er-Jahre die Farbe auf ein Minimum, indem er sie dünnflüssig in biomorphen Formen auf die Leinwand auftrug. Gleichzeitig verband Sam Francis mit Farbe das Feuer, also höchste Energie. So lässt das White Painting ähnliche Assoziationen zu wie Schumachers Werk: Weiß glühende Lava, die in der großen Hitze geschmolzene Steine mit sich reißt.

Museum Folkwang, Essen

Drei Bäume

Peter Keetman

1951
23,2 x 17,2 cm
Silbergelatineabzug

Die Entwicklung der westdeutschen Nachkriegsfotografie wurde maßgeblich von der 1949 gegründeten Künstlergruppe fotoform bestimmt. Vorrangiges Ziel der Gruppierung war die Etablierung einer Fotografie als Ausdruck künstlerisch-experimenteller Subjektivität. So verfolgt auch Peter Keetmanns Arbeit Drei Bäume nicht den Anspruch, die Wirklichkeit objektiv zu reproduzieren. Er verkehrt das Sujet in seiner Landschaftsaufnahme ins Negative und lässt so die kahlen Bäume am Wegesrand wie geisterhafte Erscheinungen wirken. Dieses Spiel mit der Belichtung weist Parallelen zur Lichtinstallation Zoom Squares des italienischen Künstlers Gianni Colombo auf, in der die hellen Projektionen von fünf Diaprojektoren in einem dunklen Raum zum Kunstwerk werden.

Museum Folkwang, Essen

Love Wall

Robert Indiana

1967
Bildmaß 50 x 50 cm, Blattmaß 65 x 50 cm
Blatt 1 eines Siebdrucks aus vier Blättern

Rote High Heels, wie sie der deutsche Pop Art-Künstler Heiner Meyer in seinem Werk zu einer monumentalen Stahl-Skulptur stapelt, werden oft als Sinnbild femininer Erotik fetischisiert. In Robert Indianas Love Wall ist die Erotik nur ein möglicher Aspekt der Liebe. Ursprünglich 1964 als private Weihnachtskarte entworfen und ein Jahr darauf vom Museum of Modern Art als Postkarte vertrieben, lässt sich mit den leuchtend roten Buchstaben ebenso göttliche Liebe assoziieren, die ein zentrales Motiv in Indianas streng christlicher Erziehung war, wie die romantische Liebe zu seinem damaligen Partner, dem Maler Ellsworth Kelly. Indiana übertrug sein ikonisches Werk vielfach in andere Techniken, wie hier in einen großformatigen Siebdruck, und realisierte es ebenso wie Meyers Stilettos auch als großformatige Skulptur im öffentlichen Raum.

Museum Folkwang, Essen

University of Disaster. Air

Radenko Milak

2017
Blattmaß 200 x 140 cm
Aquarell auf Papier auf Dibond
Erworben 2018 mit Mitteln der Stadt Essen

Der deutsche Maler Werner Gilles hatte zwei Weltkriege als Soldat miterlebt, bevor er 1950 die Auswirkungen eines Luftangriffs in seinem starkfarbigen Gemälde festhielt. Der bosnische Künstler Radenko Milak widmet sich in seiner vierteiligen Serie University of Disaster den vier Elementen Erde, Wasser, Luft und Feuer und ihrer Gefährdung oder aber ihrem zerstörerischen Potenzial. Als Ausgangspunkt seiner großformatigen Aquarellzeichnungen nutzt Milak Pressebilder und ruft so Erinnerungen in unserem kulturellen Gedächtnis wach. In diesem Blatt kombiniert er detailgenau wiedergegebene Luftaufnahmen fliehender Menschen und tiefschwarze Flächen, Landkarten und eine handgeschriebene chemische Formel zu einer komplexen Darstellung des Atombombenabwurfs auf Hiroshima.

Museum Folkwang, Essen

Silberrotor

Heinz Mack

1963
143,5 x 143 x 41 cm
Plexiglas, Aluminium und Elektromotor
Erworben 1971 mit Mitteln der Stadt Essen

Die Arbeiten von Heinz Mack und Christian Rohlfs beschäftigen sich beide mit der Darstellung von Licht und seiner Wirkung in Museumsräumen. Rohlfs nutzt in seinem Gemälde ein pointillistisches Punkteraster, um das Interieur des Museum Folkwang in Hagen von warmem Licht durchflutet erscheinen zu lassen. Macks kinetisches Objekt erzeugt ähnlich flirrende Lichtreflexe auf mechanische Weise: Er lässt mit Hilfe eines Elektromotors eine runde Aluminiumscheibe hinter einer geriffelten Plexiglasplatte rotieren. So bleibt das Spiel mit dem Licht nicht auf eine Bildfläche beschränkt, sondern bezieht den realen Ausstellungsraum mit ein. Als Mitbegründer der Künstlergruppe ZERO setzte Mack in der Nachkriegszeit auf einen Neuanfang und brachte Licht, Bewegung und Zeit als immaterielle Elemente in die Kunst ein.

Museum Folkwang, Essen

Basra Gate III

Frank Stella

1969
240 x 450 cm
Acryl auf Leinwand
Erworben 1969 mit Unterstützung des Folkwang-Museumsvereins

Frank Stellas halbkreisförmige Leinwand scheint genau in die Aussparung zu passen, die Peter Schwickeraths monumentale Stahlskulptur freilässt. Beide Arbeiten greifen auf architektonische Elemente zurück: Während Schwickeraths Stahlschnitt wie ein freistehendes Tor die umgebende Landschaft rahmt und zum Bild werden lässt, bezieht sich Stellas Gemälde mit dem Titel Basra Gate auf ein antikes Stadttor der irakischen Hauptstadt Bagdad. Der US-amerikanische Maler benannte jedes der als shaped canvases angelegten Gemälde seiner nach mathematischen Gesetzmäßigkeiten konstruierten Protractor-Serie nach Orten und Bauwerken, in der Türkei, Syrien und dem Iran. Die Symmetrie der fächerförmig angeordneten Farbfelder in Stellas abstrakter Komposition erinnert an Ornamente islamischer Kunst, die er auf einer Reise in den Iran 1963 schätzen lernte.

Museum Folkwang, Essen

Herbstabend im Moor

Otto Modersohn

um 1904
107,5 x 125 cm
Öl auf Leinwand
Erworben 1906 für das Kunstmuseum Essen, seit 1922 Museum Folkwang

Kurt Schwitters verbrachte 1915/16 einige Wochen in Westfalen und malte daraufhin diese Ansicht des Hofs Opherdicke unter rosigem Abendhimmel. Während Schwitters sich kurz nach der Entstehung dieses Gemäldes der Abstraktion zuwandte, war Otto Modersohn sein Leben lang ein Landschaftsmaler. Inspiriert von der Plein-Air-Malerei der französischen Schule von Barbizon hatte er sich von seiner Ausbildung an der Kunstakademie abgewandt, um von der Natur zu lernen. Als Mitbegründer der Künstlerkolonie Worpswede lebte er viele Jahre dort sowie im angrenzenden Dorf Fischerhude, und die dortige Moorlandschaft war eines seiner bevorzugten Bildthemen. Hier zeigt er neben Birken und reetgedeckten Häusern unter einem trüben graublauen Himmel eine Frau mit Kind, die im Moor arbeitet.

Museum Folkwang, Essen

Wolken

Gerhard Richter

1969
Bildmaß 45,2 x 40 cm, Blattmaß 55 x 50cm
Offsetdruck in Schwarz nach eigenen Fotografien
Erworben 1971

Die Wolken sind nicht das Hauptmotiv in Wilhelm Morgners Gemälde. Doch ihre gekräuselten gelben und grünen Linien verbinden sich mit den dünnen bunten Pinselstrichen des Heuhaufens und den unruhigen roten Streifen der Felder zu einer spannungsgeladenen Landschaft, in der Mensch und Umwelt vor Energie zu vibrieren scheinen. Auch in Gerhard Richters Offsetdruck sorgt die Anordnung der Wetterphänomene für Orientierungslosigkeit. Der Künstler beschäftigte sich in Fotomontagen mit Wolken und Wellen, wobei er mal den Himmel durch eine zweite gespiegelte Wasseroberfläche ersetzte, mal wie hier den Boden durch eine umgedrehte Wolkendecke. Hier kombinierte er zwei Fotografien zu einer verwirrenden, surrealen Situation. Aus der fotografischen Momentaufnahme eines flüchtigen Wetterphänomens wird so eine Reflexion über die Möglichkeiten des Mediums.

Museum Folkwang, Essen

You are Leaving the American Sector

Wolf Vostell

1964
123 x 451,5 cm
Sprühdosenfarbe auf Siebdruck auf Leinwandfoto
Erworben 1994 mit Unterstützung des Folkwang-Museumsvereins

Wolf Vostells Arbeit entstand drei Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer und thematisiert die Teilung Deutschlands, Karl Otto Götz malte sein Bild ein Jahr nach der Wiedervereinigung. Vostell benennt sein Bild nach der Hinweistafel am Checkpoint Charlie. Er kombiniert Fotos von Straßenschildern, Panzern und Stacheldraht, Grenzsoldaten und Politikern zu einer gedruckten Collage, die er anschließend mit Pinsel und Sprühfarbe regelrecht attackiert. Während Vostell die Bildsprache des Kalten Krieges medienkritisch reflektiert, gestaltet Götz sein Gemälde deutlich abstrakter. In heftigen Malgesten mit Pinsel und Rakel aufgetragen, verbildlichen schwarze, weiße und blaue Farbwirbel Bewegung und Aufruhr, den Zusammenprall zweier Kräfte. Auch der französischsprachige Titel „Verbindung“ nimmt nur mittelbar auf die deutsche Wiedervereinigung Bezug.

Museum Folkwang, Essen

Vorfrühling in Füssen (Füssen V)

Alexej von Jawlensky

1905
37 x 49,6 cm
Öl auf Pappe
Schenkung 1989 als Dr. Meyer-Struckmann-Stiftung

Zwischen den winterlichen Berglandschaften von Alexej von Jawlensky und Gabriele Münter liegen nur wenige Jahre. Der russischstämmige Maler Jawlensky verbrachte das Jahr 1905 in und um Füssen, wo er mehrere Bilder der umliegenden Landschaft anfertigte. Noch lassen sich Einflüsse des Neo-Impressionismus auf seine Malweise erkennen. So zeugt vor allem das die Szenerie einrahmende Blattwerk vom Vorbild Vincent van Goghs. 1908 zogen Münter und Jawlensky mit ihren jeweiligen Partner:innen Wassily Kandinsky und Marianne von Werefkin von München ins oberbayerische Murnau. Dort schufen sie zahlreiche Gemälde, die sich auf subjektive Weise der kontemplativen Wahrnehmung von Natur widmen, so auch Münters farbintensive Landschaftsdarstellung.